Die historische Bildpostkarte als Zeugnis menschlicher Wachstumsstörungen
6.7.2000 - 29.8.2000
Foyer der Zentralbibliothek der SUB Göttingen
Es zählt zu den seltenen Erscheinungen im Wissenschaftsbetrieb, wenn Vertreter einander so fremder Disziplinen wie der Kunstgeschichte und der Medizin sich zu gemeinsamem Tun zusammenfinden. Dies geschieht im Rahmen einer Ausstellung der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, die von Prof. Dr. Alfred Enderle (Orthopädische Klinik der Universität) und Dr. Gerd Unverfehrt (Kunstsammlung der Universität Göttingen) erarbeitet wurde.
Die Veranstalter unternehmen den Versuch, einen in der medizinischen und medizingeschichtlichen Forschung bisher nicht erschlossenen Bereich „bildlicher Krankenakten“ nachhaltig zum Sprechen zu bringen, nämlich die um 1900 in gewaltiger Zahl produzierten Bildpostkarten mit Groß- und Kleinwüchsigen.
Überhaupt nimmt die Darstellung menschlicher Schicksale und Gebrechen auf Bildpostkarten einen nicht unbeträchtlichen Raum ein. Zu ihnen gehören neben körperlichen Fehlbildungen und geistigen Schwächen auch die genannten Wachstumsstörungen. Solche krankhaften Veränderungen sind seit alters her in der darstellenden Kunst nachweisbar. Dabei unterliegen die Bilder und Skulpturen sehr stark der Vorstellung und Phantasie des Künstlers. Das fotografische Bild der Postkarten entspricht eher der Wirklichkeit, wobei dieses jedoch auch nicht ganz frei von interessenbezogener Manipulation ist.
Ausgestellt und mit Kommentaren versehen sind etwa 70 Vergrößerungen historischer Bildpostkarten, ausgewählt aus einer Sammlung von über 1200 Stück.