Postkarten erzählen Geschichte
Die Stadt Posen 1896 - 1918
17.12.2000 - 30.12.2000
Foyer der Zentralbibliothek der SUB Göttingen
Die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen zeigt zusammen mit dem Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte der Georg-August-Universität Göttingen und dem Institut Nordostdeutsches Kulturwerk, Lüneburg die Ausstellung „Postkarten erzählen Geschichte – Die Stadt Posen 1896 - 1918“.
Ansichtspostkarten – heute fast nur noch zum Versenden von Urlaubsgrüßen genutzt – haben sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zu einem Massenmedium entwickelt, das zu vielfältigen Zwecken eingesetzt wurde: Postkarten waren erstrangige Werbeträger, sie präsentierten stolz die technischen Errungenschaften der Zeit, dokumentierten das Wachstum der Städte, bildeten Alltagsszenen ebenso wie Paraden und feierliche Anlässe ab, bevor sie im Ersten Weltkrieg zu einer der wirksamsten Waffen der Propaganda wurden. Ihre Ausgestaltung spannte den Bogen von präziser fotografischer Wiedergabe, dem gezielten Einsatz von Kolorierung und Fotomontage bis hin zu Darstellungen, die vollständig der Phantasie der Grafiker entsprungen waren.
Die Ausstellung präsentiert dieses Medium am Beispiel der Geschichte Posens zwischen 1896 und 1918. Ähnlich anderer Städte im Deutschen Reich durchlief Posen zu jener Zeit den Prozeß beschleunigter Industrialisierung und raschen Bevölkerungswachstums; die preußische Militär- und Festungsstadt wandelte sich um die Jahrhundertwende zu einer modernen, expandierenden Großstadt. Viele Postkarten dokumentieren diese Entwicklung und nehmen Bezug auf die damit verbundenen sozialen Probleme.
Eine Ausnahme unter den Städten des Kaiserreichs stellte Posen in seiner nationalen Zusammensetzung dar, denn die Stadt galt als größter Ballungsraum und bedeutendstes kulturelles Zentrum der polnischen Nation im Deutschen Reich. Diesem Umstand setzte die deutsche „Ostmarkenpolitik“ ein kostspieliges Ansiedlungs- und Bauprogramm entgegen, das den Anspruch auf den deutschen Charakter Posens eindrucksvoll dokumentieren sollte.
Die massenhafte Produktion und Versendung von Postkarten dezidiert deutscher bzw. polnischer Symbolik spiegelt somit auch einen scharfen nationalen Konflikt wider – mitunter aber auch entspannte, pragmatische Formen des Miteinanders, die das Zusammenleben von Deutschen und Polen in Posen erträglich – zum Teil auch überaus einträglich – machten.