Paulinerkirche
Das Gotteshaus gehörte ursprünglich zu einem Dominikanerkloster, welches 1294 in Göttingen gegründet wurde, und entspricht der architektonischen Tradition der Bettelorden. Mit Einzug der Reformation in Göttingen wurden seit 1529 in der Paulinerkirche zunächst lutherische Gottesdienste abgehalten, da sie die größte Kirche in Göttingen war. Von 1542 bis 1733 beheimatete der inzwischen säkularisierte Gebäudekomplex eine neu gegründete weiterführende Schule, das sogenannte Paedagogium.
Im Jahr 1733 entschied Kurfürst Georg August von Braunschweig und Lüneburg, als Georg II. zugleich König von Großbritannien und Irland, in Göttingen eine Landesuniversität zu gründen. Bereits 1734 entstand die Universitätsbibliothek, die einen Bibliothekssaal in den Räumlichkeiten des ehemaligen Klosters zugesprochen bekam. Drei Jahre später erfolgte die feierliche Gründung der Georg-August-Universität in der Paulinerkirche. Auch die Universität war in den Gebäuden des ehemaligen Klosters untergebracht, und die Paulinerkirche wurde zunächst als Universitätskirche und als Ort universitärer Feierlichkeiten genutzt.
| Die Paulinerkirche beim Besuch König Georgs II. am 1. August 1748. |
Mit dem Staatsminister Gerlach Adolph von Münchhausen (1688-1770) in Hannover als Kurator der Universität fand die Bibliothek einen großzügigen Förderer. Auch dank seiner besonderen Unterstützung konnten die Bibliotheksdirektoren Johann Matthias Gesner (1691-1761) und Christian Gottlob Heyne (1729-1812) den Grundstock eines einzigartig dichten Bestands an Forschungsliteratur aufbauen. Auch für ihre große Nutzerfreundlichkeit war die Bibliothek bald weithin berühmt.
Der rasch wachsende Buchbestand erforderte indes sukzessive die weitere Ausbreitung der Bibliothek auf alle Gebäudeteile. Im Jahre 1812 wurde nach dem Einzug einer Zwischendecke auch die Paulinerkirche der Bibliothek zur Nutzung übergeben. Im oberen Geschoss richtete man eine Saalbibliothek ein und brachte im sogenannten Historischen Saal die Literatur zum Fach Geschichte unter. Zudem wurden hier neben Büchern auch Büsten berühmter Göttinger Wissenschaftler und Gipsabgüsse antiker Skulpturen aufgestellt. Das anregende Zusammenspiel von Gotik und Klassizismus ist in zahlreichen Stichen und Beschreibungen festgehalten, so auch in der „Harzreise“ Heinrich Heines (1797-1856), eines begeisterten Nutzers der Bibliothek während seiner Göttinger Studienzeit.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Paulinerkirche 1944 stark beschädigt - die Bücher der Bibliothek erlitten demgegenüber kaum Verluste, da sie größtenteils in dem Kellergewölbe untergebracht waren.
Am 24. November 1944 wurde die Paulinerkirche bei einem Luftangriff stark beschädigt. |
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Nach Kriegsende und Jahren des Wiederaufbaus wurde aufgrund der stark zunehmenden Studierendenzahlen die Paulinerkirche für ein gutes Jahrzehnt als Hörsaal genutzt. Bis 1992 waren in der Paulinerkirche Bibliothekskataloge untergebracht, die dann im Neubau der Zentralbibliothek am Platz der Göttinger Sieben aufgestellt wurden.
Zwischen 2000 und 2006 wurde das gesamte Bibliotheksgebäude saniert. Auf der Grundlage historischer Abbildungen und Beschreibungen konnte dabei der Bibliothekssaal in der Paulinerkirche in seiner historischen Form wiederhergestellt werden. Bereits ein halbes Jahr nach Beginn der Sanierungsarbeiten wurde der Saal mit der Ausstellung „Gutenberg und seine Wirkung“ feierlich wiedereröffnet.
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| Die Paulinerkirche nach ihrer Sanierung im Jahr 2000. |
Seither dient der Historische Saal als Ausstellungssaal mit überregionaler Ausstrahlung. Aber auch für wissenschaftliche und kulturelle Veranstaltungen bietet die Paulinerkirche einen Rahmen mit besonderer Atmosphäre.